Wie
die "Siegerjustiz" zuschlägt!
Aussagen des Genossen Krenz
Egon Krenz vor dem
Berliner Landgericht:
"Es gab nie einen speziellen Schießbefehl auf
Flüchtlinge!"
Egon Krenz weiter: "Ich bedauere die Toten an der
Mauer, jedoch sind diese eine Ergebnis der Konfrontation
der Weltmächte an einer Grenze in Deutschland gewesen,
die in ihrer Art einmalig in der Weltgeschichte war.
Das SED Politbüro hat nicht die Macht gehabt, am
sogenannten Grenzregime etwas zu ändern. Dieses ist als
eine Frage von Krieg und Frieden allein von der
Sowjetunion entschieden worden. Die bundesdeutsche Justiz
heuchelt, wenn sie dies bei der Beurteilung der damaligen
Lage nicht berücksichtigt.
Es hat schwerste politische Auseinandersetzungen mit
Moskau gegeben, als Honecker eigenmächtig den Abbau der
Minen- und Selbstschußanlagen an der Grenze durchgesetzt
hat. Die sowjetischen Streitkräfte in Deutschland haben
ihre Macht am deutlichsten bei der Stationierung von
Mittelstreckenraketen in der DDR der 80er Jahre
demonstriert."
Egon Krenz gegenüber dem Spiegel nach 18 Tagen
Willkürhaft (38-15.9.97)
Spiegel: Haben Sie jetzt für manche Stasi-Opfer mehr
Verständnis, die in Gefängnissen der DDR gberochen
wurden?
Krenz: Ich verstehe
diese Frage nicht. Wenn es der Rechtsstaat besser machen
will, dann muß er sich nicht daran orientieren, was in
der Vergangenheit falsch war.
Spiegel: Jetzt wird
spekuliert, ob Sie sich Ihrer Strafe durch Republikflucht
entziehen wollen.
Krenz: Das ist abwegig. Wenn ich Deutschland verlassen
würde, handele ich so feige, wie es mir der junge
Richter Hoch mit seinem Haftbeschluss unterstellt hat.
Egon Krenz bleibt in Deutschland, und zwar solange bis
der letzte Bürger der DDR nicht mehr verfolgt wird.
Ihre Verurteilung zu 6 1/2 Jahren Haft haben Sie als
ein Produkt der Siegerjustiz angesehen. Nun hat Ihnen das
Kammergericht Haftverschonung bis zur Entscheidung der
Revisionsrichter gewährt - ist für Sie wengigstens
jetzt der Rechtsstaat ausgebrochen?
Krenz: Nur die Gerechtigkeit. Ich habe das Wort
Siegerjustiz während des ganzen Prozesses nur einmal
benutzt, und zwar in dem Zusammenhang, daß ich gesagt
habe, die bundesdeutsche Justiz wird sich von dem Vorwurf
der Siegerjustiz nur befreien können, wenn sie sich
selbst in bezug auf die DDR für befangen erklärt. Ich
jammere nicht, ich will nur mein Recht!
Spiegel: Ihre Richter, die immerhin den Strafantrag
der Staatsanwaltschaft fast um die Hälfte unterboten
haben, nehmen Sie von der Kritik aus?
Krenz: Keineswegs. Insgesamt ist die bundesdeutsche
Justiz in bezug auf die DDR und folglich auch in bezug
auf mich befangen. ich war und bin ein politischer
Häftling der BRD!
Bitte lesen Sie auch hier einen
typischen Hetzartikel!
Von Siegerjustiz keine Spur
Nach dem Axen-Urteil müßten DDR-Verklärer
verstummen
Von Oliver Michalsky
Egal, ob Erich Honecker auf der Anklagebank saß oder
Erich Mielke. Egal, ob es um Prozesse gegen
Mauerschützen oder um Verfahren gegen ihre Befehlsgeber
ging: Jedesmal, ob im Gerichtssaal oder davor, ob in
wilden Zwischenrufen von Sympathisanten oder in
Einlassungen der Anwälte, wurde über Siegerjustiz
lamentiert. Das Wehklagen hob um so lauter an, je näher
die Urteilsverkündung rückte. Gerichte der
Bundesrepublik dürften nicht über Belange der DDR
befinden, hieß es da. Die DDR sei schließlich auch ein
Rechtsstaat mit eigener Gesetzgebung gewesen.
Derlei Argumentation wurde geschickt von jener Partei
für die politische Propaganda übernommen, die sich mit
Recht als legitime Nachfolgerin der einstigen
Staatspartei sieht. Da schickte die PDS schon mal einen
solidarischen Strauß roter Nelken, wenn der
Wahlfälscher Hans Modrow vor Gericht stand. Die
DDR-nostalgische Stammklientel honorierte dies an
Wahltagen.
Aber was nun? Wird das Weltbild jener DDR-Verklärer
jetzt ins Wanken geraten, wenn die Erben Hermann Axens
das Guthaben des 1992 verstorbenen Politbürokraten
zurückerstattet bekommen? Wenn gar im Gefolge des
Grundsatzurteils des Berliner Oberverwaltungsgerichts
auch noch Honecker-Witwe Margot im fernen Santiago de
Chile und Erich Mielke im nahen Hohenschönhausen
höchstselbst in den Genuß der alten Spargroschen in
Höhe von mehreren 100 000 Mark kommen werden?
Ob die PDS in Erklärungsnotstand gerät, ist dabei
zweitrangig. Klar ist jedenfalls, daß von Siegerjustiz
bei der gerichtlichen Aufarbeitung des SED-Erbes
keineswegs die Rede sein kann.
Siegerjustiz bedeutete in der Geschichte vor allem
Mord und Totschlag kurz nach gewaltsamen Machtwechseln.
Ob in Rußland vor 80 Jahren, als die Zarenfamilie
erschossen wurde. Ob am Ende des 20.Jahrhunderts in
Afrika, wenn ein Despot den anderen stürzt und dessen
Gefolge liquidieren läßt.
Die angebliche deutsche Siegerjustiz der 90er Jahre
sieht nicht nur Anwälte und allerlei Rechtsmittel vor,
sondern kommt auch zu maßvollen Urteilen. Wie anders
konnte es sein, daß der verurteilte Mörder zweier
Polizisten, Mielke, längst wieder zu Hause sein darf,
daß herzkranke SED-Größen von Gerichtsverhandlungen
verschont bleiben? Wie anders können wegen der
Mauerschüsse verurteilte Politbüro-Mitglieder vor
Haftantritt noch ein paar Wochen unbeschwert zu Hause
verbringen? Sie nehmen mit aller Selbstverständlichkeit
urdemokratische Rechte in Anspruch, die in der
totalitären DDR keinem Ausreisewilligen oder politisch
Mißliebigen zugestanden wurden.
Einer Bundesrepublik Deutschland, die es auf Rache des
Siegers anlegte, wäre es doch ein leichtes, SED- und
Stasi-Unrecht per Federstrich auf ewig zu verfolgen. Doch
was passiert tatsächlich? Am 31.Dezember 1997 verjährt
die sogenannte mittelschwere DDR-Kriminalität, mithin
Delikte, für die Strafen von bis zu fünf Jahren Haft
angedroht werden. Darunter zählen vereinigungsbedingte
Wirtschaftskriminalität, Rechtsbeugung und Erpressung.
Schließlich der Umgang der Gesellschaft mit den
Tätern von gestern: Kein Mensch hindert einen Mann wie
den verurteilten Chefspion Markus Wolf, in Talkshows
aufzutreten und mit Büchern Geld zu verdienen. Willig
läßt man sich von Wolf Märchen erzählen über seine
Ideale, die ja so falsch gar nicht gewesen sein sollen.
Und wieder entstehen Legenden.
123 000 Mark - D-Mark wohlgemerkt - bekommen die
Axen-Erben ausgezahlt. "Wir sind keine Moralisten,
wir haben uns an das Gesetz zu halten", kommentierte
Richter Hermann Küster seinen Spruch. Damit trifft er
des Pudels Kern. Auch jene DDR-Bürgerrechtler, die
1989/90 auf der Suche nach Gerechtigkeit auf den
bundesdeutschen Rechtsstaat stießen, werden dies
einsehen müssen.
Wann in der Geschichte hat es das gegeben, daß eine
angebliche Sieger-Macht (hier: die Bundesrepublik
Deutschland) mit einer Klage gegen einen Kopf des
angeblich Besiegten (hier: die Deutsche Demokratische
Republik) vor Gericht unterliegt - noch dazu vor einem
eigenen Gericht? Wer jetzt immer noch vom Recht des
Siegers in Deutschland spricht, sollte sich an die Bilder
erinnern, die uns Weihnachten 1989 aus Bukarest
erreichten. Erst sah man eine Pseudo-Gerichtsverhandlung
in einem schäbigen Raum und kurz darauf zwei Tote:
Nicolae und Elena Ceausescu. Das war Siegerjustiz.
LINKS
Keine Fernsehaufnahmen von Egon
Krenz
Der Krenz-Prozess
|